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„Keine Uniformität – jeder Standort ist anders!“

Im Interview mit dem Fachmagazin HANDELSIMMOBIOLIEN HEUTE (HI-HEUTE) sowie dem German Council Magazin „Spirit“ erläutert Helmut Jagdfeld, Geschäftsführer der DI-Gruppe, seine Philosophie von modernem und erfolgreichem Centermanagement. Die Fragen stellte HI-HEUTE-Chefredakteur Thorsten Müller.

Der Name Jagdfeld ist in der Immobilienbranche ein Begriff. Er steht für eine hoch erfolgreiche Unternehmer-Familie, die es geschafft hat, nahezu alle Immobilientypen deutlich in ihrem Wert zu steigern. Heute ist Helmut Jagdfeld Chef der Deutschen Immobilien-Gruppe (DI-Gruppe), die ihre gesamte Dienstleistungskompetenz jetzt auch Dritten anbietet. Gemeinsam mit seinen Neffen Benedikt und Maximilian steuert er das Familienunternehmen in Richtung nächster Generation. Dabei gilt sein besonderes Faible den Handelsimmobilien wie dem Handel, wo seine langjährige Expertise branchenweit anerkannt ist. Chefredakteur Thorsten Müller sprach mit dem Rheinländer über die Unternehmensentwicklung, aktuelle Projekte und seine Philosophie von Centermanagement.

Herr Jagdfeld, was bestimmt Ihr Handeln, und wie unterscheidet sich dieses möglicherweise von Ihren Wettbewerbern?

Helmut Jagdfeld: Seit rund einem Vierteljahrhundert beschäftigen wir uns inzwischen mit Shopping Centern und Fachmarktzentren. Und wir sind vor allem darüber glücklich, weiterhin ein klassisches Familienunternehmen zu sein, das sich jeden einzelnen seiner Center-Standorte ganz individuell betrachten und so persönlich wie möglich betreuen kann. Mein Credo: Keine Uniformität – jeder Standort ist anders! Unsere Familie kommt aus dem Möbelhandel, und ich selbst bin ja auch gelernter Einzelhändler. Das war eine gute Schule, die mir in Gesprächen mit Mietern oft hilft. Es ist heutzutage wichtiger denn je, sich in die Rolle des Anderen zu versetzen. Das gilt für die Händler, aber ebenso für all unsere anderen Partner. Wir betrachten grundsätzlich auch eine für Dritte gemanagte Immobilie so, als wenn es unsere eigene wäre. 140 Leute – viele davon schon seit sehr vielen Jahren – stehen uns dafür zur Verfügung, die die gesamte Wertschöpfungskette nicht nur von Handelsimmobilien, sondern auch Hotels, Bürogebäuden und Wohnkomplexen kontinuierlich im Blick haben.

Welche konkrete Entwicklung haben denn bei Ihnen die Shopping Center genommen?

Helmut Jagdfeld: So richtig los ging es mit dem Forum Köpenick in Berlin, das 1997 eröffnet wurde und seitdem von uns gemanagt wird. Davor hatten wir aber bereits einige Erfahrung mit Fachmarktcentern und dem Refurbishment von Centern gemacht. Bald darauf folgten das Berliner Rathaus-Center Pankow und später das City-Center Bergedorf in Hamburg. Auch Fachmarktcenter gehören zum Portfolio, wie zum Beispiel das PEP im sächsischen Delitzsch. Diesem Handelsimmobilientyp wollen wir uns zukünftig wieder mehr zuwenden.

Ein weiterer Unternehmensschwerpunkt rund um Handelsimmobilien liegt in Refurbishments. Erst kürzlich haben wir mit dem Teck-Center in Kirchheim eines abgeschlossen, das uns viel Lob eingebracht hat. Das Refurbishment samt Erweiterung in Bergedorf gelang sogar bei laufendem Betrieb. Daran wollen wir anknüpfen. Doch natürlich gilt unser Interesse auch der Entwicklung und Realisierung neuer Shopping Center. Hier sind wir aktuell im saarländischen Homburg aktiv und hoffen auf einen baldigen Baustart.

Welche Standorte und Centergrößen präferieren Sie denn?

Helmut Jagdfeld: Wir sehen für uns nennenswertes Potenzial in Mittelzentren, was wir im Übrigen durch eine Studie, die wir in Zusammenarbeit mit einem renommierten Gutachter veröffentlichen werden, unter Beweis stellen wollen. Und zu den Mittelzentren passt sehr gut eine mittlere Größenordnung. Wer aber denkt, Mittelzentrum sei gleich Mittelmaß, der irrt. Diese Standorte muss man sich hart erarbeiten und mit sehr viel Herzblut angehen. Dem intensiven persönlichen Gespräch kommt eine hohe Bedeutung zu und ebenso dem kontinuierlichen Austausch. Bei der Positionierung helfen in aller Regel keine Gutachten, sondern nur eine intensive Auseinandersetzung mit den regionalen und lokalen Bedürfnissen und Wertschätzungen der Menschen. Dabei hilft uns Limbic Retail – ein System, das wir gemeinsam mit der Gruppe Nymphenburg weiterentwickelt haben. Es geht darum, dem Shopper in den Kopf zu schauen. Limbic Retail basiert auf wissenschaftlich allgemein anerkannten Erkenntnissen aus der Hirnforschung, Psychologie und Evolutionsbiologie und verknüpft diese mit empirischer Konsumforschung. So wird Kundenverhalten exakter vorhersagbar. Denn: Kaufentscheidungen werden zu über 90 Prozent unbewusst getroffen. Wir sind froh und glücklich, denen mit Limbic Retail, das wir als europaweit einziger Lizenznehmer nutzen, besser auf die Spur zu kommen.

Früher wurden ja Center nur nach den Wünschen des Entwicklers realisiert. Ist dieses Denken beerdigt?

Helmut Jagdfeld: Für uns auf jeden Fall! Neulich hatte ich ein Gespräch mit einem Controller eines angelsächsischen Unternehmens. Ich fragte ihn: Was glauben Sie, woher Ihr Geld kommt? Spontan antwortete er: Von den Mieteinnahmen im Center natürlich. Darauf entgegnete ich ihm, dass das nicht wirklich zutreffe. Das Geld komme in Wahrheit vom Kunden, vom Konsumenten. Ohne dessen Einkäufe könne ja auch der Mieter keine Einnahmen erzielen. Deswegen schauen wir bei unseren Untersuchungen hier genau hin. Denn: Ist der Kunde zufrieden, hat auch der Entwickler seine Freude!

Aber die große Frage lautet doch: Wann ist der Kunde zufrieden?

Helmut Jagdfeld: Richtig, auf diesem Terrain hat sich bekanntlich in letzter Zeit enorm viel verändert, Stichwort Online-Shopping. Leider haben Einkaufscenter und Händler ihre eigenen Stärken zu sehr aus den Augen verloren. Handel fand früher auf dem Marktplatz statt. Hier gab es direkten sozialen Kontakt, alles Haptische war im Mittelpunkt. Die Menschen liebten es, miteinander zu plaudern, aber auch zu probieren, die Waren anzufassen, sie zu riechen und zu schmecken. Genau das müssen wir wieder mehr in den Vordergrund rücken, denn an diesen Grundbedürfnissen hat sich nichts verändert.

Was empfehlen Sie denn sonst noch?

Helmut Jagdfeld: In der Tat kommt es noch auf etwas sehr wichtiges Anderes an.  Unsere Erfahrung im Immobiliensegment Hotel ließ mich diesbezüglich irgendwann zu der Frage kommen: Womit kann ein 5-Sterne-Hotel einem Shopping Center helfen? Die Antwort heißt: mit exzellentem Service! Warum hat ein Einkaufszentrum nicht auch einen bzw. mehrere Concierges? Von Kempinski kennt man die „Red Ladys“. Diese Damen haben nur eine einzige Aufgabe: Sie sollen sich um die Gäste kümmern! Wir haben uns gedacht, warum nutzen wir nicht diese tolle Idee auch in den Einkaufszentren.

Also wird die DI-Gruppe in ihren Objekten, beginnend in Berlin-Köpenick, die sogenannten „Shopping Center Ladys“ einführen. Sie werden zukünftig Ansprechpartner für den Kunden sein – stets hilfsbereit, zuvorkommend, aber nie aufdringlich. Es geht darum, die Wünsche des Kunden gewissermaßen von den Augen abzulesen.

Das verursacht natürlich regelmäßige Kosten, die erst einmal der Investor trägt, aber dauerhaft sicher von überzeugten Mietern übernommen werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit ausgezeichnetem Service viele Kunden für uns dauerhaft gewinnen können. Natürlich ist das mehr als reine Aufmerksamkeit und Höflichkeit. Abholstationen für im Internet bestellte Ware gehören da ebenso selbstverständlich dazu wie alle anderen Aspekte, die dem „Marktplatz“ innewohnen.

Hätten Sie nicht noch mehr Beispiele im Angebot?

Helmut Jagdfeld: Was hat den Handel mal stark gemacht? Vor einiger Zeit war ich mit meiner Frau in einem Bekleidungsgeschäft, weil sie sich ein Kleid kaufen wollte. Ich selbst brauchte eigentlich nichts und habe das auch signalisiert. Dennoch sprach mich plötzlich ein Verkäufer freundlich an und bot mir einen Espresso an. Ich nahm an, und einige Minuten darauf reichte er mir auch noch ein Glas Wasser. Ich war überrascht, denn mit keinem Wort sprach er von Mode. Wir kamen ins Gespräch – und um es abzukürzen: Wir verließen den Laden mit einem Kleid für meine Frau und einen Anzug für mich (lacht). So muss Handel heute sein, so macht Handel Spaß!

Aus diesem eindrucksvollen Erlebnis habe ich für unsere Center abgeleitet, dass wir gemeinsam mit den Werbegemeinschaften Verkaufstrainings durchführen, allerdings gemeint als Servicetraining. Ziel: Wir wollen neben der Verweildauer auch die Wohlfühl-Qualität der Kunden erhöhen. Das schaffen keine Computer oder Roboter überlassen, das schaffen nur charmante Menschen aus Fleisch und Blut.

Service für den Kunden ist Ihnen also besonders wichtig, auch noch in anderen Bereichen?

Helmut Jagdfeld: Allerdings. Das gilt genauso für unsere Investment-  als auch für unsere Mietpartner. Die Investoren schätzen bei uns den kurzen Draht zur Geschäftsführung und den anderen Führungskräften. Wir das rasche Schnellboot, nicht der große Dampfer, aber eines, das sich immer die Zeit für eine individuelle Lösung nimmt. Zusätzlich zum normalen Reporting besuchen wir alle Immobilien regelmäßig selbst. Unsere Mitarbeiter haben das Gebot und keinesfalls ein Verbot, unsere Objekte aufsuchen, um zu wissen, worüber sie reden. Wir führen auch Interessenslagen des Mieters mit denen des Investors zusammen, beispielsweise bei Mietgesprächen. Eine Besonderheit sind auch unsere Retailer-Treffen. Im Kreise von maximal 15 Händlern machen wir das einmal im Jahr. In einem geschlossenen Raum wird sehr offen und auf Augenhöhe über relevante und mitunter brisante Branchenthemen gesprochen – das alles für die Dauer von zweieinhalb Tagen.

Wie sieht Ihre Unternehmensstrategie bezüglich der Entwicklung und des Managements von Handelsimmobilien für die nächsten Jahre aus?

Helmut Jagdfeld: Wir sind nicht auf Masse aus, streben keine 100, sondern vielleicht 20 oder 25 Centermanagements an. Es geht uns nicht darum, um jeden Preis zu wachsen, sondern da, wo es für unsere Kunden und uns Sinn macht. Wir machen das, was wir gut beherrschen. Und da wir ein echtes Familien-Unternehmen sind, bringen sich auch die Mitglieder der Familie stark persönlich ein. Wenigstens die Projekt prägenden Aspekte sind stets Chefsache. Unsere Partner schätzen das sehr – übrigens nicht zuletzt, wenn es große Player sind. Feste Ansprechpartner mit hoher Entscheidungskompetenz an ihrer Seite haben, die erst einmal gut zuhören, bevor sie entscheiden – das gefällt allerdings allen. Wir tun das stets in Begleitung wichtiger Mitarbeiter, die dann den geschäftlichen Kontakt weiter vertiefen.

Wo stehen Sie denn gerade, und was sind konkret die nächsten Maßnahmen für dieses und kommendes Jahr?

Helmut Jagdfeld: Sehr am Herzen liegt uns natürlich unser geplantes Shopping Center in Homburg. Die Offenlegung für das Projekt mit einer Verkaufsfläche von ca. 16.500 qm wurde soeben abgeschlossen. Aktuell sind wir mit der Stadt dabei, Erschließungsthemen zu besprechen, wie zum Beispiel Kanalbaufragen. Die Außenarchitektur steht, und die Planungsarbeiten für das Interieur werden nun beginnen. Hier werden wir besonderen Wert auf lokale und regionale Bezüge legen, die uns die Limbic-Analyse nahe gelegt hat. Das gilt im übrigen auch für die Sortimentsauswahl. Weitere Großaufgaben werden das Refurbishment inklusive Erweiterung des Rathaus-Centers in Pankow sein, und im Center in Köpenick wird es unter anderem einen neuen Food-Court geben.

 

Info: DI-Gruppe

Die DI-Gruppe hat in den letzten 30 Jahren über 800 Immobilien mit einem Volumen von mehr als 5 Milliarden Euro realisiert. Vom lokalen Fachmarktzentrum bis zum überregionalen Shopping Center, vom Stadthaus mit Büro und Handel bis zum 40.000 qm großen Bürogebäude, von der gemischt genutzten Immobilie bis zur reinen Wohnanlage, vom Mittelzentrums-Hotel bis zum mondänen Luxushotel in der Metropole: In der Projektentwicklung besitzt die DI-Gruppe eine immense Erfahrung. Aktuell hat das Unternehmen 10 Einkaufscenter und Fachmärkte im Management. Es verfügt über 250.000 qm realisierte Handelsfläche und betreut mehr als 850 Mietverträge mit über 250 Retail-Partnern. Rund 25 Millionen Kunden besuchen die Shopping Center im Jahr.

 

Dieser Beitrag ist auf „HI-HEUTE.DE“ sowie im German Council Magazin „SPIRIT“ erschienen.

Autor: Thorsten Müller, Chefredakteur von HI-HEUTE.

 

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